PRESSEMITTEILUNG Nr. 59 /17 des Gerichtshof der Europäischen Union vom 8. Juni 2017

  1. Nach Ansicht von Generalanwalt Tanchev ist es mit dem Unionsrecht unvereinbar, wenn von einem Arbeitnehmer verlangt wird, dass er zunächst Urlaub nimmt, ehe er feststellen kann, ob er für den Urlaub Anspruch auf Bezahlung hat.

    Und jetzt kommt es:
  2. Habe ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer keinen bezahlten Jahresurlaub gewährt, werde der Anspruch auf diesen Urlaub übertragen, bis der Arbeitnehmer Gelegenheit habe, ihn auszuüben, und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Vergütung für noch nicht genommenen Jahresurlaub.
  3. Sei eine solche Gelegenheit vom Arbeitgeber nie geschaffen worden, sei eine finanzielle Vergütung (in Deutschland wäre es die Urlaubsabgeltung) für die gesamte Dauer der Beschäftigung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschuldet.
  4. …Daher  könne ein Arbeitnehmer in  dem  Fall, dass er den  ihm  zustehenden  Jahresurlaub  im Bezugszeitraum ganz oder teilweise nicht nehme, ihn aber genommen hätte, wenn nicht der Arbeitgeber   die   Vergütung   für genommene   Urlaubszeiten   verweigern   würde,   geltend machen, dass er an der Ausübung seines Anspruchs auf bezahlten Urlaub gehindert sei, so dass  der  Anspruch  solange  übertragen werde,  bis  der  Arbeitnehmer die Möglichkeit  zur Ausübung des Anspruchs gehabt habe. Drittens stehe  dem  Arbeitnehmer  bei  Beendigung  des  Arbeitsverhältnisses  eine finanzielle Vergütung  für  den  bezahlten  Jahresurlaub  zu,  den  er  bis  zu  dem Tag,  an  dem  ihm  der Arbeitgeber eine entsprechende Möglichkeit zur Ausübung seines Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub geschaffen  habe,  nicht  genommen  habe.  Sei eine solche Möglichkeit nie geschaffen  worden, sei eine finanzielle Vergütung für die gesamte Dauer der Beschäftigung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschuldet. 

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie unter:
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2017-06/cp170059de.pdf

HINWEIS:
Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Gerichtshof nicht bindend, er folgt diesen aber häufig. Aufgabe des Generalanwalts ist es, dem Gerichtshof in völliger Unabhängigkeit einen Entscheidungsvorschlag für die betreffende Rechtssache zu unterbreiten. Die Richter des Gerichtshofs treten nunmehr in die Beratung ein. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.

HINWEIS:
Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

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